Grundsätze der rationalen Abwägung

Aufgabe: Gegeben ist eine Anzahl n von Flächen. Für jede Fläche ist quantitativ zu ermitteln, wie stark die Gesamtbeeinträchtigung öffentlicher Belange wäre, wenn auf dieser Fläche Windanlagen errichtet würden.

1. Einheitlichkeit: Im gesamten Untersuchungsgebiet, d. h. in allen Suchflächen, sind dieselben Regeln zu verwenden.

2. Vollständigkeit: Vor Beginn des Verfahrens ist festzulegen, welche Flächen und welche Belange berücksichtigt werden. Die Festlegung ist abschließend, im laufenden Verfahren sind Änderungen von Flächen- und Belangauswahl nicht zulässig.

3. Wichtungskorrektheit: Zu Beginn des Verfahrens sind die relativen "Wichtigkeiten" der einzelnen Belange festzulegen. Jeder Belang bekommt eine Anzahl von Wertungspunkten, die im weiteren Verfahren für die Verteilung auf die einzelnen Flächen zur Verfügung stehen.

Die Gesamtzahl der Wertungspunkte spielt keine Rolle, es kommt nur auf die Anteile (Prozentsätze) der einzelnen Belange an. Der relative Anteil eines Belangs ist das "Gewicht", mit dem dieser Belang in die Endabrechnung eingeht. Das Gewicht eines Belangs, auch Wichtungsfaktor genannt, wird ermittelt, indem die Punktzahl des Belangs durch die Gesamtpunktzahl geteilt wird.

Gewicht i = (Wichtigkeit i) / (Summe aller Wichtigkeiten)

Die Summe aller Gewichte ist dann gleich 1.

Soweit keine objektiven Kriterien (Geldwert etc.) für die relative Wichtigkeit der Belange vorhanden sind, ist die Festlegung der Belang­-Wichtigkeiten eine politische Entscheidung, die vom höchsten Souverän des Plangebiets oder einer vom Souverän beauftragten Behörde zu treffen ist. (Bei diesem Programm sind das übrigens Sie, lieber Internet-Besucher). Liegen keine Anhaltspunkte für die relativen Wichtigkeiten vor, so bekommen alle Belange das gleiche Gewicht.

4. Messbarkeit: Für jeden Belang werden 100 Punkte auf die Suchflächen verteilt. Die Summen-Punktezahl kann auch anders gewählt werden (z. B. 1000). Sie muss aber für alle Belange gleich sein. (Die unterschiedlichen Wichtigkeiten der Belange sind ja schon unter Punkt 3 berücksichtigt.)

 

Belang 1

Belang 2

Belang m

Fläche 1

W 11

W 12

 

W 1m

Fläche 2

W 21

W 22

 

 

Fläche 3

W 31

W 32

 

 

Fläche 4

 

 

 

 

 

 

 

 

Fläche n

W n1

W n2

 

W nm

Summe

100

100

 

100

Für jeden Belang erfolgt die Punkteverteilung auf die Flächen - die Zuweisung der "Wertigkeiten" - anhand nachvollziehbarer Parameter. Die Parameter müssen messbar oder zumindest schätzbar sein. Sind für einen Belang in der gesamten Planfläche keinerlei mess- oder schätzbare Entscheidungsgrößen vorhanden, so werden die Wertpunkte für diesen Belang gleichmäßig auf alle Teilflächen verteilt. "Was nicht quantitativ fassbar ist, kann nicht abgewägt werden". Die "Wertigkeit" (Punktezahl) einer Fläche gibt an, wie sehr der betreffende Belang beeinträchtigt wird, wenn Windanlagen auf dieser Fläche errichtet werden.

Die Flächengröße ist für sich genommen kein zulässiger Parameter. Beispiel: wenn auf der Fläche A 100 Vogelpaare gefährdeter Arten brüten, auf der zehnmal so großen Fläche B aber nur 50 Paare, so erhält die Fläche B trotz ihrer Größe nur halb so viele Punkte für den Belang "Schutz von Brutvögeln" wie die Fläche A. Wohl aber erhält bei zwei Waldflächen mit ähnlicher Flora und Fauna die größere Fläche mehr Punkte für den Belang „Waldschutz“, da auf ihr mehr schützenswerte Pflanzen und Tiere angetroffen werden.

5. Unabhängigkeit: Bei der Punktvergabe für einen bestimmten Belang dürfen keine Aspekte berücksichtigt werden, die schon bei einem anderen Belang verwendet wurden (Vermeidung von Doppelwertungen). Beispiel: in einer Waldfläche nisten viele Fledermäuse, die durch die Errichtung von Windanlagen gefährdet werden könnten. Wenn die Fledermäuse beim Belang "Vogel- und Fledermausschutz" berücksichtigt werden (also zur "Aufwertung" der Fläche führen), so dürfen sie beim Belang "Waldschutz" keine Rolle spielen.

6. Quantitative Bilanzierung: Für jeden Belang wird die Wertigkeit einer jeden Suchfläche mit dem Gewicht dieses Belangs multipliziert. Das Produkt heißt "Malus" dieser Fläche in Bezug auf den betreffenden Belang. Es entsteht die Malus-Matrix. Der Windanlagen-Malus einer Fläche ist die Summe aller Mali dieser Fläche.

 

Belang 1

Belang 2

Belang m

Summe

Fläche 1

M 11 = W 11 x G 1

 

 

 

Malus 1

Fläche 2

 

 

 

 

Malus 2

Fläche 3

 

 

 

 

Malus 3

Fläche 4

 

 

 

 

Malus 4

 

 

 

 

 

Fläche n

 

 

 

M nm = W mn x G n

Malus n

Summe

100 x G 1

100 x G 2

 

100 x Gm

 

7. Teilbarkeit: Stehen mehrere Parameter ("Teilbelange") zur Ermittlung der Wertigkeit eines bestimmten Belangs zur Verfügung, so sind die Regeln 1-6 völlig analog auf die Teilbelange anzuwenden, d. h. vorab wird festgelegt, welche Teilbelange berücksichtigt werden (Vollständigkeit) und jedem Teilbelang wird ein Gewicht zugewiesen (Wichtungskorrektheit), usw.. Beispiel: Der Belang "Immissionsschutz" kann unterteilt werden in "Lärmimmission" und "optische Immission".

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